Vertrauliche Geburt: Ablauf, Kosten & Wahrung der Anonymität

Wenn Frauen ungewollt schwanger werden und ein Schwangerschaftsabbruch keine Option ist, besteht die Möglichkeit das Baby nach der Geburt zur Adoption freizugeben. Nicht nur das Adoptionsverfahren, sondern auch die Entbindung selbst kann in Deutschland durch die vertrauliche Geburt unter sicherer medizinischer Betreuung völlig anonym geschehen.

Was ist die gesetzliche Grundlage für eine vertrauliche Geburt?

Seit Mai 2014 ist in Deutschland das Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt (SchwHiAusbauG) in Kraft. Frauen, die ihre Schwangerschaft geheim halten möchten, können sich umfangreich kostenlos beraten lassen und ihr Kind vollkommen legal in einer Geburtsklinik zu Welt bringen, ohne ihre Identität preisgeben zu müssen.
Seit Einführung des Gesetzes kamen laut einer aktuellen Statistik bislang in Deutschland mehr als 800 Kinder (Stand: Februar 2021) im Rahmen einer vertraulichen Geburt zur Welt.
Erfahrungsberichte zeigen, dass das staatliche Hilfsangebot von ledigen und verheirateten Frauen aller Altersstufen und Bildungsschichten in Anspruch genommen wird.

Was ist der Unterschied zwischen anonymer und vertraulicher Geburt?

Im Gegensatz zur anonymen Geburt, die in vielen Fällen alleine und heimlich zu Hause stattfindet, erhält die Frau vor, während und nach der Entbindung eine professionelle medizinische Betreuung. Und es gibt noch einen weiteren Unterschied: Während das Kind bei einer anonymen Geburt später nichts über seine Herkunft erfahren kann, wird sein Recht, ab dem 16. Lebensjahr Kenntnis über seine Abstammung zu erlangen, im Rahmen der vertraulichen Geburt gewahrt.

Wohin kann ich mich wenden, wenn ich Hilfe brauche?

Werdende Mütter, die sich in einer schwierigen Situation befinden, können sich unter der Rufnummer 0800/40 40 020, per E-Mail oder in einem Einzel-Chat in jedem Stadium der Schwangerschaft – auch noch unmittelbar vor der Geburt – ausführlich und kostenfrei beraten lassen.
Auf Wunsch bleibt der Kontakt anonym, alle Beraterinnen unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht. Die Schwangere muss nicht befürchten, zu irgendeiner Entscheidung gedrängt zu werden.
Die Gespräche verlaufen grundsätzlich ergebnisoffen und haben nur ein Ziel: Die beste Lösung für die Betroffene zu finden und Mutter und Kind zu schützen.

Wie läuft eine vertrauliche Geburt ab?

Entscheidet sich eine Frau für die vertrauliche Geburt, muss sie ihre Identität nur ein einziges Mal preisgeben: Gegenüber ihrer Betreuerin, die die persönlichen Daten aufnimmt und diese sicher verschlossen und für Andere unzugänglich hinterlegt. Alle weiteren Schritte sowohl vor, während wie nach der Entbindung erfolgen unter einem selbst gewählten Pseudonym.
Die Geburt kann in jeder beliebigen Geburtsklinik und jedem Krankenhaus in Deutschland stattfinden, unabhängig vom eigenen Wohnort. Bei der Vermittlung helfen die Beraterinnen der o.g. Telefon-Hotline rund um die Uhr. Selbst dann, wenn der Geburtstermin unmittelbar bevorsteht. Das gilt auch, wenn die Schwangere nicht im Krankenhaus, sondern unter der Obhut einer Hebamme lieber in einem Geburtshaus oder zu Hause entbinden möchte.

Wer übernimmt die Kosten einer vertraulichen Geburt?

Alle Beratungen, die Entbindung und der komplette Klinikaufenthalt sowie alle medizinischen Vor- und Nachsorgebehandlungen werden von staatlicher Seite übernommen. Für die Schwangere entstehen keinerlei Kosten.

Was passiert nach der Entbindung mit dem Kind?

Nach der Geburt erhält das Baby den von der Mutter gewünschten Namen und wird so in das Familienregister eingetragen. Das Jugendamt nimmt das Kind in Obhut und es wird ein Adoptionsverfahren eingeleitet. Bis zu dessen Abschluss - nach Erfahrungswerten handelt es sich etwa um ein Jahr - kann sich die Mutter noch dafür entscheiden, das Kind doch selbst aufzuziehen.
Um den Start in das gemeinsame Leben zu erleichtern, stehen verschiedene Hilfsangebote zur Verfügung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann zudem finanzielle Unterstützung beantragt werden.
Ganz gleich, wie die Frau sich entscheidet - eine anonyme Beratung kann sie auch nach Geburt und Adoption jederzeit kostenlos in Anspruch nehmen.

Wie lange bleibt die Anonymität der Mutter gewahrt?

Kommt es zu einer Adoption, bleibt die Mutter weiterhin anonym. Die persönlichen Daten sind sicher hinterlegt. Weder das Jugendamt noch die Adoptiveltern des Kindes erfahren jemals ihre Identität.
Nach dem Grundgesetz hat allerdings jeder Mensch in Deutschland das Recht, seine Abstammung zu kennen. Das Kind kann deshalb ab seinem 16. Lebensjahr die hinterlegten Daten seiner leiblichen Mutter einsehen und auf Wunsch Kontakt aufnehmen.
Liegen schwerwiegende Gründe vor, die etwa das Leben oder die Gesundheit der Mutter bedrohen, kann die Identität gegebenenfalls weiter geschützt bleiben.