Die „Jungfernhäutchen“-Lüge – wir räumen mit 7 Mythen auf

Rund um das sogenannte „Jungfernhäutchen“ ranken etliche Mythen, mit denen wir nun ein für alle Mal aufräumen wollen. Denn das Jungfernhäutchen in dem Sinne gibt es gar nicht!

#1 Das Jungfernhäutchen ist eine Haut, die den Vaginaleingang verschließt.

Nein, das stimmt so nicht. Viele stellen sich das Hymen wie ein Häutchen vor, das den Eingang der Vagina wie Frischhaltefolie vor dem ersten vaginalen Verkehr verschließt. Doch das ist nicht korrekt, denn sonst könnte z. B. Menstruationsblut oder Vaginalsekret überhaupt nicht abfließen.
Tatsächlich ist das Hymen – so heißt das Jungfernhäutchen eigentlich – eine vaginale Korona, also ein Schleimhautkranz. Dieser Schleimhautkranz wird durch die Hormonumstellung in der Pubertät dehnbar und heilt bei kleinen Verletzungen narbenfrei ab.
Sprache bestimmt das Denken

Sprache bestimmt, wie wir denken – das erkannte die „Schwedische Vereinigung für aufgeklärte Sexualerziehung“ (Riksförbundet För Sexuell Upplysing – RFSU) und entschied, die Benennung „Jungfernhäutchen“ einfach abzuschaffen und durch den viel idiomatischeren Begriff „vaginale Korona“ zu ersetzen.


#2 Jungfernhäutchen sehen alle gleich aus.

Auch dieser Mythos ist nicht wahr, denn Hymen kommen in den verschiedensten Formen vor.
  • In etwa 80 % der Fälle, ist das Hymen ringförmig.
  • Bei ca. 19 % der Frauen ist das Hymen dagegen zottelig oder fransig.
  • Und bei 1% ist es wie ein Sieb, zweigeteilt oder sieht aus wie eine Blume, ist also an mehreren Stellen zusammengewachsen.

In sehr seltenen Fällen kann der Schleimhautkranz tatsächlich komplett verwachsen sein, sodass weder Vaginalsekret noch Menstruationsblut abfließen kann. Das nennt sich dann Hymenalatresie und wird meist beim Einsetzen der ersten Regelblutung bemerkt. Denn dann kann das Regelblut nicht abfließen und es kommt zu einem schmerzhaften Rückstau des Blutes in der Vagina oder sogar der Gebärmutter. Operativ kann die Hymenalatresie behandelt werden. [caption id="attachment_2666" align="alignnone" width="800"] © TargetVideo / BigStock[/caption]

#3 Nur Jungfrauen haben auch ein Jungfernhäutchen.

Wir wissen jetzt, dass das Hymen kein Häutchen ist, das die Vaginalöffnung verschließt. Dementsprechend haben auch nicht nur Jungfrauen ein Jungfernhäutchen. Das Hymen ist dehnbar genug, um penetrativen Geschlechtsverkehr zu überstehen. Deshalb ist es auch bei sexuell aktiven Menschen vorhanden und umgekehrt kann es bei Jungfrauen fehlen oder so gut wie nicht sichtbar sein.

Warum gibt es das Hymen überhaupt?

Das Hymen dient eigentlich dazu, die Geschlechtsorgane eines Babys zu schützen: im Mutterleib vor eindringendem Fruchtwasser und später vor Stuhl und Keimen. Sobald die Pubertät einsetzt, bilden sich Milchsäurebakterien, die als biologischer Schutz der Vagina dienen und der Schleimhautsaum wird überflüssig.

Kommt es doch zur Blutung, liegt das seltener an kleinen Rissen im Schleimhautsaum oder an der Beschaffenheit des Schleimhautkranzes. Häufiger sind Rissen in der Vaginalwand die Ursache, die durch zu wenig Lubrikation verletzt wurde.
: Hymenrekonstruktion

In einigen patriarchal geprägten Kulturkreisen spielt die Jungfräulichkeit der Frau noch immer eine wichtige Rolle. Einige Frauen entscheiden sich deshalb für eine Hymenrekonstruktion. Dabei handelt es sich um einen operativen Eingriff, bei dem der Schleimhautkranz angeritzt und die Haut danach zusammengenäht wird. Eine Garantie für Blut beim Geschlechtsverkehr ist das allerdings nicht.


#6 Tampons und sportliche Aktivitäten wie Reiten oder Turnen können dazu führen, dass das Jungfernhäutchen vor dem ersten Mal reißt.

Auch dieser Mythos hält sich hartnäckig. Und das, obwohl es gibt keinerlei Nachweise dafür gibt, dass das Jungfernhäutchen durch Tampons oder sportliche Aktivitäten reißt. Denn dafür ist es schlichtweg zu dehnbar.

Auch dieser Mythos hält sich hartnäckig. Und das, obwohl es gibt keinerlei Nachweise dafür gibt, dass das Jungfernhäutchen durch Tampons oder sportliche Aktivitäten reißt. Denn dafür ist es schlichtweg zu dehnbar.